Vortragsreihe startet mit der Cap Anamur
Rupert Neudeck rettete vietnameische Flüchtlinge und arbeitet in Krisengebieten
Der Referent warnt vor Experten. Und vor Zuständigen. „Gehen sie an Zuständigen vorbei“, sagt er. Der Referent fordert ferner auf, etwas Verbotenes zu tun. Einen derartigen Störenfried luden die Schulen der Brede zum Auftakt ihrer Vortragsreihe „Breden-Reden über Gott und die Welt“ ein. Rupert Neudeck sprach über seine Rettung vietnamesischer Flüchtlinge und blickte auf aktuelle Konfliktherde.
Neudeck charterte mit massiver Spendenunterstützung 1979 die Cap Anamur und rettete Flüchtlinge im Südchinesischen Meer. „Wir konnten gegen den Willen der Regierung den Frachter chartern, weil uns junge Menschen unterstützt haben“, erinnert sich Neudeck. Die Zuständigen des Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) weigerten sich jedoch, die Rettung zu fördern. Bei den sogenannten „boat people“ hätte nicht festgestellt werden können, ob sie wirklich aufgrund des Konfliktes fliehen würden. Auch sein Sehrechtsreferent riet Neudeck 1979 von der Aktion ab. „Es gab keine Sockel- und Seerechtskonvention“, so der 73-jährige Referent. US Marines, Vietnamesische Küstenwachen, Ölplattformen, Piraterie – Neudeck und seine Mitstreiter reisten dennoch in das Südchinesische Meer und brachten 10.375 Flüchtlinge in die Bundesrepublik.
„Wenn Sie etwas Großes tun wollen, dann müssen sie etwas Verbotenes tun“, sagte Neudeck. Die anwesenden Oberstufenschüler der Schulen der Brede horchten auf. Neudeck habe 1979 in einer Fernsehsendung des Journalisten Franz Alt eine Kontonummer aufgesagt. Die Ziffern zu verlesen, nicht aber einzublenden, ist im deutschen Fernsehen untersagt.
Im zweiten Teil seines Vortrages stellte Neudeck die Arbeit seiner Grünhelme vor. Analog zu den Blauhelmen der Vereinten Nationen sind diese Männer und Frauen in Krisengebieten im Einsatz – nicht zum Kämpfen, sondern zum Konstruieren. In Afghanistan besuchte Neudeck jüngst den Bau einer weiteren Schule. Kosten: 40.000 Euro. Baumaterial und Arbeitskräfte beschaffen die Verantwortlichen vor Ort. Bautechniker oder Ingenieure reisen ehrenamtlich aus Deutschland an. „Man lebt und schläft dort, wo man arbeitet“, sagte Neudeck. Alle Einwohner eines Dorfes am Bau einer Schule zu beteiligen, dass ist sein Ziel. „Das ist ihre Schule. Die ist nicht geschenkt“, so der 73-jährige Aktivist. Im Kongo etwa pumpen die Grünhelme das Wasser zum Bau nicht heran, sondern lassen es von den Frauen tragen. „Es ist die traditionelle Methode, das Wasser auf dem Kopf zu tragen“, erläutert Neudeck die Einbindung der heimischen Bevölkerung.
Der Kongo ist eines der Länder mit dem weltweit höchsten Reichtum an Bodenschätzen. Die Ausbeutung begann in der Kolonialzeit. Mit Kobalt wird ein elementarer Rohstoff für Mobilfunkgeräte aus dem Land exportiert. Ein weiterer Bürgerkrieg könnte den Kongolesen bevorstehen. Aus Ländern wie dem Kongo werden, so Neudeck, Millionen Afrikaner fliehen. Sie werden versuchen, Europa zu erreichen. Neudeck hat sich mit Mauretaniern unterhalten. „Sie nennen den Kontinent nach einem Kuhdorf zwischen Deutschland und Luxemburg. Sie nennen ihn Schengen“, sagte Neudeck. Schengen als Synonym der Freiheit, der sich Europa freut.
Abschließend blickte Neudeck nach Palästina: „Das ist das Land, dass in Ihrer Zeit entstehen wird. Machen sie es nicht wie unsere Bundesregierung“, sagte Neudeck, „enthalten Sie sich nie.“
Organisation: Dr. Martina Aufenanger
Text und Fotos: Sebastian Beug