Reiseberichte sind nun komplett verfügbar
Comenius-Fahrt in unser Nachbarland Polen
Mittlerweile sind die umfangreichen Reiseberichte unserer Comenius-Delegation eingetroffen, die vergangenen Monat unser Nachbarland Polen besucht hat.
Tag 2 „Wer viel feiert, muss auch wieder arbeiten können“ – Sketche und Theaterworkshop
Wenn auch erst exakt eine Stunde später als die daheimgebliebenen Mitschülerinnen und Mitschüler in Deutschland ging es am nächsten Morgen dann doch wieder früh raus, um an den Sketchen zum Thema des Treffens “Say whatever you think but be honest.“ zu arbeiten. Bereits in den Heimatländern hatten die Schülerinnen und Schülern Dialoge für Sketche geschrieben, die nun zuerst gesichtet, dann ausgewählt und dann als Sketch geprobt wurden.
“This is a box.“ “What is in the box?“ “Who are you?” “Yes, you are monkeys. Did you behave like monkeys? Noooooo…!” Solche und ähnliche Sätze und Fragen erfüllten den Raum beim Bewegungstheater im Kulturzentrum von Tychy. Eine junge Schauspielerin zeigte zunächst mit ihrer Schauspielgruppe, was Bewegungstheater ist, indem sie ohne Worte eine leere Box allein durch Mimik und Gestik darstellten. Dann ging es darum, selber Bewegungstheater auszuprobieren. Als Thema wurde folgende Frage vorgegeben: Was könnte alles in dieser imaginären Box drin sein? Während die eine Gruppe sich selbst als eine Gruppe von Menschen mit verschiedenen Sprachen darstellte, die aber trotz dieses Unterschiedes Freunde sind, ging es in der anderen Gruppe nicht ganz so harmonisch zu, denn am Ende lagen alle tot auf der Bühne.
Dass Tychy eine Stadt ohne Stadtzentrum ist, dafür aber eine Giraffe hat, wurde am Nachmittag beim “City conquest“ – game deutlich. Gottseidank gab es Stadtbusse, die die Gruppe der Schülerinnen und Schüler von einer Sehenswürdigkeit zur anderen gebracht haben… Somit fuhr man von einer Station zur anderen, machte ein Foto und beantwortete ein paar Fragen zum Gesehenen, wie z.B. zur Giraffe, die im Jahre 1975 erbaut wurde und an die kommunistische Zeit in Tychy erinnert, als diese Konstruktion das Denkmal von Kampf und Arbeit war. Auch wurde sehr deutlich, dass Tychy kein großes Stadtzentrum hat, da die Stadt in mehrere Bezirke unterteilt ist, die jeweils ihre eigenen kleinen Stadtmitten haben.
Während also die Schülerinnen und Schülern mit ihren Austauschpartnern die Stadt erkundeten, bildeten sich die Lehrerinnen und Lehrer derweil über den bedeutendsten Wirtschaftszweig der Stadt Tychy fort – bei einer Brauereibesichtigung der Tyskie-Brauerei, einer der ältesten Brauereien Europas.
Tag 3 „Selbst der Himmel weint…“ –
Aufführung der Sketche und Trip nach Auschwitz-Birkenau
Auch wenn es manchmal weh tut, ist es oft besser, die Wahrheit zu erfahren. Diese schmerzhafte Erkenntnis machten die Zuschauer des ersten Sketches, in welchem es darum ging, dass ein Junge damit umgehen musste, dass ein Mädchen aus seiner Stufe, in welches er verliebt war, nichts von ihm wollte. Immerhin war es besser, als er es am Ende wusste als am Anfang, als das Mädchen ihm nur etwas vorspielte und sich über ihn lustig machte. Auch die Tatsache, dass die Dialoge im Hintergrund zum Ablesen noch über den Beamer gezeigt werden mussten, beeinflusste die Qualität des Stückes nicht merklich. Schließlich hatte man weniger als drei Stunden zum Üben der Stücke gehabt…
Im zweiten Sketch schließlich wurden Szenen in einem Café dargestellt und gezeigt, welchen Unterschied es macht, wenn man ehrlich zu seinem Gegenüber ist. Hier wurde dem Zuschauer deutlich, dass es zwar nicht immer der angenehmere, leichtere Weg ist, ehrlich zu sein, jedoch sicherlich der bessere.
War der Vormittag noch von Spaß und Freude gekennzeichnet, so schlug diese Stimmung schlagartig um, als man die drückende Stimmung in Auschwitz-Birkenau zu spüren bekam. Es war sicherlich etwas ganz Besonderes, im Jahre 2014 gemeinsam mit sechs weiteren Nationalitäten diesen Ort zu besuchen, der als Symbol der Shoa gilt und zu den dunkelsten Kapiteln der deutschen Geschichte zählt. Mithilfe eines Fremdenführers, der einen sachlich-neutralen Vortrag in englischer Sprache hielt, wurden wir in Auschwitz I bei strömenden Regen in die verschiedenen Teile des Konzentrationslagers geführt. Was man sonst nur aus Geschichtsbüchern kannte, wurde hier erschreckende Wirklichkeit. Wir sahen unter anderem abgeschnittene Haare, Schuhe, Haushaltsgegenstände, Kleidung, Fotos, jüdische Gebetsschals und Koffer der hier vergasten Juden. Den Augenblick, als wir in einer der Gaskammern standen, konnten wir wohl gerade als Deutsche nur deshalb ertragen, weil wir durch unseren Geschichtsunterricht auf alles gut vorbereitet waren und einem alles irgendwie so unwirklich vorkam. Nach einer kurzen Busfahrt zum Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, welches ungefähr drei Kilometer von Auschwitz I entfernt liegt, wurde sehr schnell deutlich, wie unterschiedlich diese Konzentrationslager waren. Während Ausschwitz I aus vielen verschiedenen Steinbaracken bestand, wirkten die Baracken in Birkenau eher wie alte Scheunen und somit noch trostloser als der zuvor besichtigte Ort.
Dass so etwas nie wieder passieren darf und dass wir alle, egal aus welchem Land wir sind, uns gemeinsam mit ganzer Kraft dafür einsetzen müssen, dass Kriege vermieden werden, war uns wohl allen klar, als es im Bus wieder zurück nach Tychy ging. An einem Comenius-Projekt teilzunehmen und Vorurteile anderen Nationalitäten gegenüber abzubauen, kann dafür sicherlich ein erster, wichtiger Schritt sein.
Tag 4 „Auch Papst Johannes Paul II hätte sicherlich seine Freude an unserem Comenius-Projekt gehabt…“ – Tagesausflug nach Krakau
Der große Tag des Tagesausflugs war gekommen… Heute ging es nach Krakau, einer der schönsten Städte Europas…
Das Groteska-Theater in Krakau war zwar nur zweite Wahl gewesen (das ursprünglich geplante, von innen schönere Theater hatte leider kurzfristig die Führung ohne Angaben von Gründen abgesagt), aber eine junge Schauspielerin machte mit ihrer wirklich überaus interessanten und lebendigen Führung durch das genannte Kindertheater alles wieder wett. Sie führte uns hinter die Kulissen und das Highlight war sicherlich, dass wir verschiedene Masken von Phantasiewesen anprobieren durften.
Danach stand (leider im Regen…) eine Stadtführung auf dem Programm, welche als Höhepunkte den Wavel-Hügel bot, wo das Königsschloss von Krakau mit dazugehöriger Kathedrale zu sehen war. Ein weiterer Höhepunkt war das Papstfenster, welches über dem Eingang des Amtssitzes des Krakauer Bistums zu sehen ist und wo heute ein Bild von Papst Johannes Paul II eingesetzt ist. Der polnische Papst, der in der Nähe von Krakau aufgewachsen ist und in Krakau studiert hat, kam oft nach Krakau zurück und grüßte von diesem Fenster aus Studenten, die sich unter dem Fenster versammelt hatten. Auch an uns und unserem Theaterprojekt hätte der Papst sicherlich seine helle Freude gehabt und uns aus diesem Fenster zugejubelt. Denn beinahe wäre Karol Wojtyła gar nicht Papst, sondern Schauspieler geworden. Zunächst studierte Karol nämlich Philosophie und Polnische Literatur an der Jagiellonen-Universität in Krakau und war Mitglied in der Experimentaltheatergruppe „Studio 39“ bevor er im Jahre 1942 ins geheime Priesterseminar der Erzdiözese Krakau eintrat.
Dann war (gottseidank, denn die Stadtführung war vor allem nass und ehrlich gesagt, nicht ganz so spannend) Freizeit angesagt, die viele von uns rund um den Hauptmarkt in den Tuchhallen oder im „Schokoladencafé“ Wavel verbrachten. In den Tuchhallen hatte man das Gefühl, man sei schon auf einem der deutschen Weihnachtsmärkte, da dort nicht nur viele Souvenirs, sondern auch handgeschnitzte Krippen und Heiligenfiguren als auch dicke Socken angeboten wurden. Nur der Glühwein fehlte, den wir bei den kühlen Temperaturen sicherlich auch gut hätten gebrauchen können. Aber den hätten wir ja sowieso nicht trinken dürfen…
Tag 5 „Erst einmal ausschlafen und dann gemütlich zurück nach Deutschland“ – Rückreise nach Deutschland, diesmal ohne Streik
Der weisen Entscheidung von mir selbst war es zu verdanken, dass wir am Freitagmorgen erst einmal in Ruhe ausschlafen konnten während die Rumänen und Finnen bereits um 3.30 Uhr bzw. 6 Uhr den Rückweg antraten. Wir hatten im Vorfeld die Wahl zwischen einem Flug um 6.10 Uhr und dem doch viel angenehmeren Flug um 15.35 Uhr, für den ich mich vor den Sommerferien entschlossen hatte.
Während unsere Heimreise wirklich total glatt, ja fast schon langweilig verlief (keine Turbulenzen, keine Zugausfälle, kein Streik der Pilote, keine verloren gegangene Pässe…), erging es unseren bulgarischen und italienischen Freunden nicht so gut. Nachdem wir uns den Bus zusammen zum Flughafen nach Kattowitz geteilt und uns schon herzlich voneinander verabschiedet hatten, trafen wir uns (leider!) in der Sicherheitszone wieder. Der Flug einer großen berühmten deutschen Fluglinie war auf unbestimmte Zeit wegen technischer Probleme verschoben worden, was dazu führte, dass die Italiener in Frankfurt auf einen späteren Flug umbuchen mussten und die Bulgaren gar nicht mehr nach Hause kamen. Somit durften sie dann noch spontan eine Nacht in Frankfurt verbringen bis es auch für sie am nächsten Tag nach Hause ging…
Alle Texte: Kathrin Mattern
Lesen Sie hier die Berichte zu den ersten beiden Reisetagen, die wir bereits vor einigen Wochen auf der Homepage veöffentlicht hatten:
Tag 0: Sonntag, 19. Oktober 2014 „Auch ein Streik hält uns nicht auf…“ – Polen ,wir kommen!
Die Bahn streikt! Na und? Das hält vier Schülerinnen und einen Schüler der Q1 und ihre beiden begleitenden Lehrerinnen, Frau Sabine Focke und Frau Kathrin Mattern, nicht davon ab, am Comenius-Treffen in Polen teilzunehmen. Spontan wird halt ein Minibus angefragt, der die Kleingruppe nach Dortmund zum Flughafen bringt. Und da dieses übliche „Mit-den- Koffern-alle-Treppen-zum-Bahnsteig-hoch-und-wieder-runter-und-weil-es-so-schön-war,-beim-nächsten-Stopp-wieder-runter-und-wieder-hoch“ somit auch ausfällt, kommen alle viel entspannter am Flughafen an als sonst (wenn auch 200 Euro teurer…). Die Fahrt war so entspannend und problemlos, dass wir noch nicht einmal unsere Koffer (erlaubtes Gewicht: 32 (!) Kilo) abgeben durften, weil wir zu früh da waren…
Nachdem die Koffer eine Stunde später dann abgegeben waren, stellte sich die Frage des Tages: Was ist pink und lila und steht auf dem Dortmunder Flughafen rum? Kenner diverser Comenius-Fahrten an der Schule werden es wissen: Ein Flugzeug einer ungarischen Fluglinie, die hauptsächlich nach Osteuropa fliegt. Als wir dann damit, wiederum nach einem entspannten Flug, in Kattowitz (Schlesien) ankamen, wurden wir auch schon von einer der polnischen Lehrerinnen am Flughafen begrüßt und mit einem Minibus abgeholt. Auf dem Weg übten wir dann alle fleißig die Aussprache der polnischen Stadt Tychy (eine Stadt der Größe Paderborns), wo die polnische Gastschule liegt, aber so ganz perfekt gelingt es noch keinem… Naja, wir haben ja noch fünf Tage Zeit, es zu perfektionieren…
Vor dem Hotel, in denen die Lehrer übernachten, warteten auch schon die polnischen Gastschülerinnen und -schüler, von denen die meisten auch im November 2013 bei uns an der Brede zu Gast waren. Dort erfuhren wir dann, dass viele Teilnehmer der anderen Länder mit einer großen deutschen Flugzeuggesellschaft über Frankfurt nach Polen geflogen sind, die in den nächsten zwei Tagen wohl ebenfalls streiken will… Ob wir also bei den vielen deutschen Streiks momentan alle rechtzeitig nach Hause zurückkommen werden, wissen wir noch nicht, auf jeden Fall sind wir jetzt erst einmal alle in Polen…
Kathrin Mattern
Tag 1: Montag, 20. Oktober 2014 “Getting to know each other“ – Von Kennenlernspielen, Theaterstücken übers Lügen und Parties
“Wer puzzelt am schnellsten die Landkarte von Polen zusammen?” – “Welche Länder grenzen an Polen?“ – Solche und andere Aufgaben erwarteten uns am Montagmorgen in Polen. Die Deutschen belegten hierbei – immerhin – den zweiten Platz, nur geschlagen von den Finnen. Doch zuvor wurden alle Teilnehmer ganz offiziell von der Direktorin der Schule begrüßt und es wurden Geschenke an die gastgebende Schule überreicht. Danach wurde das Land Polen und die Stadt Tychy mit Hilfe einer Power-Präsentation vorgestellt. Um sich näher kennenzulernen, verwandelten wir uns in Prinzessinnen und Burgen oder fanden in Kleingruppen Gemeinsamkeiten heraus, wie z.B. dass wir alle gerne Englisch sprechen. Abgerundet wurde der Vormittag durch eine Tour durch die Schule, die im Gegensatz zur Brede, eher klein ist. Zum Beispiel gibt es nur ein Stockwerk, d.h., man muss hier so gut wie keine Treppen im Gebäude steigen.
Nach dem Mittagessen wurden die Inhalte der landesspezifischen Theaterstücke zum Thema des Treffens in Polen, nämlich “Say whatever you think but be honest“ präsentiert, die die einzelnen Ländern zu Hause vorbereitet hatten. Hier sahen wir nicht nur großartige Schauspieler, eine fiktive Preisverleihung, sondern auch eine Präsentation in Form einer Tageszeitung. Vorgestellt wurden Stücke wie “Liar Wanted“ von Dimitris Psathas oder das Theaterstück “The pleasure of honesty“ von Luigi Pirandello. Die deutsche Gruppe ging mit dem Stück „Der gute Mensch von Sezuan“ von Bertolt Brecht und einer unter einer weißen Maske verkleideten Isabell Kiele-Dunsche ins Rennen…
Party, Party, Party… hieß es dann am Abend. Wie schon in Deutschland und bei allen anderen Treffen zuvor wurde am ersten Abend der legendäre Cultural Evening durchgeführt. Jede Gruppe hatte hierfür typisches Essen aus ihrem Land dabei. Die gastgebenden Polen zeigten uns vier landestypische Volkstänze und auch aus anderen Ländern wurden Tänze gezeigt und von allen mitgetanzt. Danach gab es Karaoke in den verschiedenen Landessprachen. Bis auf den Beamer, der den Abend wahrscheinlich nicht überlebt haben wird, hatten alle viel Spaß…
Kathrin Mattern
„Dieses Projekt wurde mit Unterstützung der Europäischen Kommission finanziert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung trägt allein der Verfasser; die Kommission haftet nicht für die weitere Verwendung der darin enthaltenen Angaben.“