Wie kommt die Geschichtswissenschaft zu ihren Erkenntnissen? Im Idealfall nimmt sie Originalquellen unter die Lupe! Bevor man jedoch archäologisch tätig werden kann, muss man einiges wissen und beachten:
Das Sondeln/Sondengehen ist in Nordrhein-Westfalen allein auf umgepflügten Äckern und mit Genehmigung der zuständigen Behörden und Fachabteilungen (Obere Denkmalbehörde, LWL – Abteilung Archäologie für Westfalen) erlaubt. Die Erlaubnis dazu ist personen- und gebietsbezogen, zeitlich begrenzt (1-3 Jahre) und setzt eine verpflichtende Fortbildung im Bereich Sondengehen voraus. Funde, die von historischer Bedeutung sind und aus der Zeit vor 1945 stammen (Münzen aus der Zeit vor 1871), müssen kartiert, registriert und anschließend der zuständigen Stelle in Bielefeld/Münster zur Begutachtung vorlegt werden. Mögliche Funde werden laut Gesetz unter dem Entdecker und dem Grundstückseigentürmer gerecht aufgeteilt (Hadrianische Teilung), sofern diese nicht von besonderem Interesse für die Wissenschaft oder die Allgemeinheit sind. In diesem Fall behält es sich das Land NRW vor, den Fund in sein „Schatzregel“ aufzunehmen. Finder und Landbesitzer erhalten in diesem Falle eine Belohnung.
Ausgestattet mit der Erlaubnis der Oberen Denkmalbehörde (Kreis Höxter), der zuständigen Stelle der Abteilung Archäologie beim LWL in Münster und des Landeigentümers machten sich die aktiven und ehemaligen Mitglieder der AG-Originale an einem kühlen Ferientag auf, um bewaffnet mit einer Sonde, einer Karte und einem Spaten einen Acker in Lützen (Lützen: Wüstung (ehemalige Siedlung) zwischen Willebadessen-Niesen und Peckelsheim) zu untersuchen.
Zu den aufschlussreichen Funden zählen u.a. ein verrosteter Heuwenderzinken, ein Teil einer alten Kuhkette (Knebel), Isolatoren, Reste eines Stacheldrahtzauns, geschmiedete Nägel und Drahtstifte, Schrauben, Anbauteile von Ackermaschinen und Reste einer alten NIVEA-Dose. Diese Zeugnisse der Weide- und Landwirtschaft des 19. und 20. Jahrhunderts verraten dem Archäologen viel über die vormalige Nutzung des Bodens und den Wandel in der Landwirtschaft. Wurden Nutztiere über Jahrhunderte auf Wiesen in der Umgebung der Siedlungen und sogar im Wald gehütet (siehe Allmende, Hudewald, …) oder mit Hilfe von angepflanzten (Flecht-)Hecken eingepfercht, brachten Metall- und Elektrozäune die Möglichkeit, Vieh länger an einem Ort sicher einzuschließen und Weidegründe eindeutig voneinander abzugrenzen. Metalle waren beim Bau von haltbaren Weidezäunen und Ackermaschinen von Bedeutung, sind diese doch sehr gut formbar und im gehärteten Zustand sehr robust. Wo in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts noch Rinder weideten, die morgens und abends -per Hand und später mit Maschinen- gemolken wurden, wird heute Ackerbau mit großen, GPS gesteuerten Maschinen betrieben, der Boden, der Relikte der Vergangenheit über Jahrhunderte sicher konserviert hat, beständig umgegraben. Metalle im Boden sind daher zunehmend der Korrosion ausgesetzt und lösen sich auf. Die Archäologen des LWL freuen sich daher, wenn geschulte Laien, die eine Erlaubnis besitzen, ihnen helfen und mögliche Funde melden.
Nutztiere sind aus der Kulturlandschaft weitestgehend verschwunden, die überschaubaren Schlaggrößen (alte Maßeinheit: Morgen) sind um ein Vielfaches gewachsen (moderne Maßeinheit: Hektar). Das in unseren Breiten nicht nur Land- und Weidewirtschaft betrieben wurde und wird, verrät der Fund von leeren Patronenhülsen, die – wie auch der Deckel einer Schnapsflasche- auf die jagdliche Nutzung des Gebiets hindeuten. Nicht selten führte der Streit um das Jagdrecht in der Vergangenheit zu Konflikten (Wilderei) zwischen der Obrigkeit/den Landbesitzern und den ortsansässigen Menschen. Anekdoten dazu finden sich in vielen Dorfchroniken und mündlich tradierten Geschichten.
Alte Münzen oder gar Edelmetalle fanden die Mitglieder der AG-Original diesmal leider nicht. Über den Haufen Altmetall, der nun nicht mehr auf seinem Acker liegt, freute sich Landwirt Matthias Peters. Eine Fundteilung sei in diesem Fall nicht nötig, meinte dieser lächelnd. Die AG darf ihren Schatz also behalten.
Die AG Originale dankt Familie Peters, der LWL – Abteilung Archäologie für Westfalen und dem Kreis Höxter für die zügige Genehmigung des Vorhabens.
Teilnehmende der AG:
(hintere Reihe v.l.) Thomas Conze, Vincent Albrecht, Felix Koch, Tobias Weber, Henri Schauf, Florian Schäfers, Maria Tobisch
(vordere Reihe v.l.) Hanna Albrecht, Levke Proon, Sarah Potthast
Bild und Text: Thomas Conze